Allgemein, Kurzgeschichten

Und an welchem Tag wurden sie verrückt ? (18)

Katzenvilla im Wald

Ich scrollte durch die Bilder, jeden Tag, es war eine Sucht, immer wieder schaute ich mir Bilder anderer Menschen an. Lost Places genannt, diese Bilder mochte ich am meisten. Bilder die von vergangenen Tagen schwärmten und vor ihnen warnten.

Vergangenheit die vergessen wurde, die man so nicht wieder bekommt. Vergänglichkeit hat mich schon immer begleitet.

Fotografen haben immer eine art Theatralik in ihrem Herzen, wir klammern uns an die Gegenwart und hoffen das wir beachtet werden und sich Menschen an unsere Werke erinnern. Kaum einer wird sich an den Fotografen der Hochzeit erinnern, aber vielleicht an das Ehepaar.

Mir wurden immer öfter die gleichen Bilder auf meinem Handy angezeigt, kein Wunder bei einem technischen Algorythmus der bestimmt, was ich zu sehen habe und was nicht. Immer nur die Favoriten, die Besten der Besten der Lost Places Fotografien aus den sozialen Medien. Es geht um Klicks,nicht um Kunst und auch nicht um die Geschichten, reine Optik und sie packte mich. Ich war einer dieser Leute die einfach nur so durch die Gegend guckten.

Ein Bild erschien mir besonders oft vorzukommen, irgendwann fing ich an mich mehr mit diesem Bild zu beschäftigen, es waren immer andere Fotografen und keiner wollte mir sagen, wo dieser Lost Place ist. Eigentlich wunderte es mich auch nicht, weil es Illegal ist solche Gelände ohne Genehmigung zu betretten.

Irgendwas stimmte an diesen Bildern nicht, sie waren an einigen Ecken immer unscharf, nicht am Rand auch nicht in der Tiefe. Diese Unstimmigkeiten waren im Schatten kurz vor Sonnenstrahlen die in die Ruinen schienen. Faszinierend, es war einfach nur interessant. Scheinbar aber auch nur für mich. Jeden den ich deswegen anschrieb schwieg oder reagierte mit einer Art virtuellem Schulterzucken. Einer antwortete mir dann vernünftig, ihm sei das auch schon aufgefallen und er hatte auch die ein sonderbares Gefühl in dem Gebäude. Er hatte seine Fototour durch das Gebäude kurz gehalten, weil er ein beklemmendes Gefühl hatte, was sonst nie der Fall war. Er war meist mit einer Fotogruppe unterwegs und auch die anderen hatten erstaunlicher weise kein Problem damit, dieses Gebäude nur kurz zu besuchen. Andere heruntergekommene Gebäude besuchten sie teilweise für Stunden, manchmal auch über Nacht, damit der Sonnenuntergang sein schönstes Licht im Gebäude verbreiten konnte. Hier war etwas anders, aber viele Andere, sogenannte Insider hatten ihm gesagt, dass er da unbedingt hinmüsse und er hatte viele gute Bilder von dort gesehen.

Auf meine Frage hin , ob er mit mir da nochmal hingehen würde, sagte er erstaunlicher weise ja und war sogar bereit recht schnell ein Treffen zu vereinbaren.

Es hatte also keine Woche gedauert, ein junger netter Kerl, keine 30 Jahre alt, dunkel gekleidet und sehr gut gepflegt. Er hatte seine Kamera um seinen Hals hängen. Bei ihm waren zwei weitere Männer, die er mir als Freunde seiner seits vorstellte. Ein Metalshirt tragender, langhaar Freak und ein weiterer Fotograf im Gothic-style,voller Nieten an der Kleidung begleiteten uns also. Nur der blonde, langhaarige Freak hatte keine Kamera dabei und wirkte eher so, als wolle er nur mal mit, weil er nichts anderes vorhatte heute.

Wir mussten durch einen verwucherten Wald spazieren, quer durch irgendwelches Gestrüp, wobei man durchaus sah, das hier noch mehr Menschen lang gingen. An einigen stellen waren geschnitzte Buchstaben in den Bäumen zur Liebesbekennung irgendwelcher Initialien, ich steh ja drauf, wenn „A“ total in „G“ verknallt ist, aber das ein anders Thema.

Nach einer halben Stunde durch den Wald und einen kleinen Hügel hinauf, waren wir an der alten Villa angekommen. Das Gebäude entsprach all meinen Vorstellungen, es war ein wenig grusselig, aber in der Vergangenheit war es sicher ein prächtiges Anwesen, voller kleiner Schätze. Detalierte Schnitzerein an der Fassade und der schmalen Terrasse am Eingang der Villa bezeugten den Reichtum alter Tage. Viele der Symbole,ob geschnitzt oder gemalt, wiesen Blumenmuster auf oder Katzen. Na toll, eine Katzen-Oma-Villa, das war mein erster Gedanke, dann der, warum so detalierte,wundervolle Kunst nicht in den sozialen Medien vorkamen.

Josh, der Kerl, der mich hierherbrachte machte Fotos,immer und immer wieder. Wir warteten artig,bis er scheinbar aufgab. Nach meiner Frage, was los ist, erklärte er mir, dass das Licht hier nicht gut für Bilder ist, die Aussenfassade geht einfach nicht. Daraufhin versuchte ich beiläufig mein Glück, aber es wurde auch nichts. Es war unscharf, wie aus einem Horrorfilm wirkte es leicht gelblich und fleckig. So ein Foto macht einem doch schon ein ungutes Gefühl, schon komisch, wenn alle Klischees <Hallo> rufen.

Ich brauchte gar nicht reingehen, da sah ich am unteren Fenster eine kleine schwarze Katze neugierieg zu uns blicken. Die Jungs folgten meinem blick und Josh sagte, schaut da oben ist eine kleine Katze, da unten auch, ich zeigte auf das untere Fenster, aber da war keine Katze mehr, sie war nun oben rechts in einem Fenster zu sehen. Es war definitiv die gleiche Katze, ich war mir so sicher, das es die Gleiche war, so unfassbar sicher. Momentan kann ich nichtmal sagen, was mich so sicher machte, die meisten Katzen sehen alle gleich aus vorallem so kleine.

Aber es war die Gleiche.

Josh ging zuerst durch die große Eingangstür, sie stand einen Spalt offen.„ Sie sitzt im Wald, das wars ich geh da nicht mehr rein!“ René hatte noch nicht die erste Stufe der kleinen Terrasse erreicht, da stopte er schon. Wir drehten uns um und sahen die kleine Katze im Schatten neben einer kleinen zerfallenen Holzscheune sitzen, mit starrem Blick auf uns.

Josh ging wieder aus der Eingangshalle zurück, klopfte mir auf die Schulter „Wir warten hier, du kannst dich allein da drinne umsehen.“ Er wirkte ernsthaft besorgt. „ Das ist so fucking unheimlich“ erklärte René. „ Ich dachte ihr scherzt mit der Katze, die war gerade noch da oben, dass muss ich sehen“ Markus, der Metaltyp rannte in die Villa. Ich hörte noch wie die alten Dielen knarrten unter seinen schnellen schweren Schritten und ich folgte ihm. Keine Ahnung, ich war dumm im Nachhinein, aber ich wollte die Katze im Haus sehen, ich wollte nicht an das Unheimliche glauben.

Die Villa sah aus, wie ich sie mir vorgestellt hatte, es hingen noch überall teuer aussehende Bilder und .. ich war gerade die Treppe im Eingangsbereich zur hälfte hinauf, da dachte ich ein Tier wäre quer durch den Flur gelaufen. Das Gebäude wirkte wie gerade verlassen, der Zustand sagte etwas anderes. Teile der Decke hingen herrunter, man konnte an einigen Stellen den Himmel sehen, die Wände waren gräulich vom Regen, der es hinein schaffte. Die Stufen teilweise durchgebrochen und die Möbel voller Staub, Dreck und Spinnenweben.

Schritte kamen mir aus dem oberen Gebäudeteil endgegen. „ Da oben ist nichts, der Staub liegt da centimeter dick auf dem Boden, keine Chance, da war keiner.“ ich lachte „ muss aber doch, wir haben das Kätzchen alle da oben gesehen, vielleicht ist sie zuleicht um Pfotenspuren zu hinterlassen.“ er wirkte verunsichert und zupfte an seinem T-Shirt. Ich war aber auch verunsichert, das Haus fing an mich zu erdrücken, zu beobachten, einzuengen ohne das etwas geschah. „lass uns gehen!“ schlug er vor, in einem Ton der mir klar machte, dass er genauso empfand wie ich. „ja, besser ist.“ Ich wollte ihm beistehen, warum weiss ich gar nicht. Wir gingen die knirschende Treppe runter, keine Minute dachte ich daran Bilder zu machen. Der Staub wirbelte leicht auf,wärend wir an unseren alten Spuren im Staub vorbei wieder ins Freie gingen.

„Ihr wart nie da drinne !“ waren meine ersten Worte zu Josh und René. „Du hast meine Bilder gesehen. Du hast gesehen, wie ich reingegangen bin und wieder raus, um hier mit René zu warten.“ Josh wirkte überraschend sauer, aber er hatte recht, das hatte ich gesehen. „ wie kommst du darauf, das wir nie da drinne waren?“ Er zeigte mit dem Finger auf das Gebäude, doch bevor ich antworten konnte, antwortete Markus. „ Wir haben den Staub aufgewirbelt, du nicht, ihr nicht,keiner. Vor uns war keiner da drinne, scheisse das merk ich jetzt erst.“ Markus war panisch, drehte sich immer wieder zum Gebäude um und suchte den Wald ab. „ Okey, das reicht, ich will hier weg.“ wir folgten René zurück in den Wald und haben versucht logische Erklärungen zu finden, warum wir Spuren von uns gesehen haben, aber nicht von Josh oder anderen Personen, die vor uns da waren. Vielleicht Wind oder es war einfach zu viel Staub der immer wieder neu verwirbelte. Zufälle oder ähnliches.

Wir sind noch in Kontakt, wir haben das Thema noch, es macht uns allen immer noch Gedanken, es lässt uns nicht los. Ich habe es nie den Anderen gesagt, aber ich glaube das Tier von der Villa ist manchmal auch bei unserer Kirche zu sehen. Ich sehe dort, wie sich der Schatten bewegt, sie is es, ich bin mir sicher, es ist die gleiche Katze.

Wir waren allerdings schon vor 7 jahren bei der Villa, sie liegt zwei Stunden von hier entfernt. Die Katze müsste deutlich größer sein, meine Begeisterung für Lost Places ist übrigens verschwunden, ich habe auch Angst auf Fotos etwas zu sehen, etwas was ich nicht fotografiert habe.

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